Hintergrund Hormonspirale Umfrage Frauengesundheitszentrum, 20.2.2007
Die Hormonspirale - Verhütung mit unerwünschten Wirkungen
Hintergrund Meldung unerwünschter Arzneimittelwirkungen Ergebnisse der Befragung Diskussion Postmarketing surveil ance Zusätzliche Informationen zur Hormonspirale Schlussfolgerungen und Forderungen
Das Grazer Frauengesundheitszentrum führte von Mai 2005 bis September 2006 eine Fragebogenaktion durch. 1768 Frauen berichteten online über ihre Erfahrungen mit der Hormonspirale. Diese überwältigende Teilnahme von Frauen macht deutlich, wie stark das Interesse von Patientinnen und Konsumentinnen im Gesundheitsbereich ist, ihre Erfahrungen mitzuteilen. Hintergrund
Mehr als vier Mil ionen Frauen nutzen die Hormonspirale weltweit (Backman et. al. 2005). Auf dem österreichischen Markt ist die Hormonspirale seit 1997. Sie wird intensiv beworben als "moderne, intel igente und sanfte" Verhütungsmethode. Die Erfahrungsberichte vieler Frauen sprechen eine andere Sprache. Al ein im Jahr 2006 betrafen etwa von 540 an das Frauengesundheitszentrum gerichteten E-Mail-Anfragen zum Thema Verhütung 236 die Hormonspirale. In Beratungen weisen viele Frauen immer wieder auf Probleme mit der Hormonspirale hin. Die Frauen berichten von Schmerzen, Schmierblutungen, Gewichtszunahme, Lustlosigkeit und Zysten. Sie suchen Antwort auf die Frage: "Kann Mirena der Grund sein?". Viele fühlen sich mit ihren Beschwerden von ihren GynäkologInnen nicht ernst genommen. Die
Frauengesundheitszentrum steht, ist seit den siebziger Jahren sehr intensiv für
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reproduktive Rechte von Frauen und sichere Verhütungsmittel eingetreten. Sie beobachtet das Marketing der Pharmaindustrie und bringt Missstände durch Kampagnen an die Öffentlichkeit (vgl. Hardon 2006, Groth 1999). Daher führte das Frauengesundheitszentrum eine österreichweit einzigartige Aktion durch1: Mittels eines gemeinsam mit Gynäkologinnen entwickelten Online-Fragebogens wurden die Erfahrungen, die Frauen mit der Hormonspirale gemacht haben, gesammelt und anonymisiert ausgewertet. "Uns sind die Erfahrungen von Frauen wichtig. Diese Erfahrungen werden bisher vom Gesundheitssystem nicht berücksichtigt", erklärt Geschäftsführerin Sylvia Groth. Anders als etwa in Schweden oder Kanada fehlen in Österreich Strukturen zur Patientinnenbeteiligung in der Arzneimittelüberwachung, wie Möglichkeiten für systematische Rückmeldungen von Nutzerinnen. Die Fragebogenaktion des Frauengesundheitszentrums gab betroffenen Frauen die Möglichkeit, ihre Interessen als Patientinnen auszudrücken und auf Mängel in der ÄrztIn-Patientin-Kommunikation sowie der Arzneimittelüberwachung hinzuweisen. Die Untersuchung kann somit als Postmarketing Surveil ance von Nutzerinnen gesehen werden. Das Frauengesundheitszentrum macht dadurch auf einen Mangel in der Pharmakovigilanz aufmerksam.
Meldung unerwünschter Arzneimittelwirkungen
1 Es gab eine europäische Pilotstudie zur Erfassung unerwünschter Wirkungen kosmetischer Mittel, die die ages leitete und der Verein für Konsumentenschutz in Österreich durchführte www.bmgf.gv.at/cms/site/detail.htm?thema=CH0048&doc=CMS1076685671850 acc. 7.9.2004
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Unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die bereits während der klinischen Prüfung erkannt werden, finden sich in der Gebrauchsinformation, wenn ein Präparat auf den Markt kommt. Nebenwirkungen, die erst durch die Langzeitanwendung von vielen Frauen erscheinen oder aus Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln deutlich werden, treten zwangsläufig erst nach breiter Nutzung auf (vgl. Lifeng Zhou et.al. 2003). ÄrztInnen melden unerwünschte Wirkungen aber leider nur sehr selten. International wird von unter 5 Prozent solcher Meldungen ausgegangen. Bisher werden daher unerwünschte Wirkungen, die in der Langzeitanwendung der Hormonspirale auftreten, nicht systematisch erfasst. Um fundierte Daten über das Ausmaß von unerwünschten Wirkungen zu erhalten, ist es wichtig, die Erfahrungen von Nutzerinnen zu sammeln und systematisch in das Meldesystem einzubeziehen (Beispiele bieten Dänemark, Schweden, Kanada). Selbstverständlich müssen so gewonnene Erkenntnisse an die Frauen, GynäkologInnen und BeraterInnen zurück gegeben werden. Nur so ist informierte Entscheidung von Frauen über die eigene Gesundheit möglich.
Freiwil ige Meldungen von Nutzerinnen aus einem Spontanerfassungssystem, wie dem
Schlussfolgerungen zu zur absoluten Häufigkeit oder zur Inzidenz der beobachteten Risiken - also der Wahrscheinlichkeit, dass eine Nebenwirkung auftritt. Sie können aber dazu dienen, betroffene Frauen und die Öffentlichkeit zu informieren. Die Herstel erfirma, die verantwortlichen Behörden und der Gesetzgeber können auf Probleme aufmerksam gemacht werden.
Ergebnisse der online Befragung zur Hormonspirale Mirena
1768 Frauen nahmen von Mai 2005 bis September 2006 an der Online-Umfrage teil. Insgesamt konnten 1309 Datensätze ausgewertet werden.
Alter der befragten Frauen
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Der Großteil der befragten Frauen, 49 Prozent, ist im Alter zwischen 20 bis 35 Jahren. 43 Prozent sind im Alter zwischen 36 bis 45 Jahren, über 45 Jahre sind 7 Prozent. Ein geringer Anteil von rund 1 Prozent ist unter 20 Jahre.
Kinderanzahl
Den größten Anteil stel en mit 40 Prozent jene Frauen, die zwei Kinder haben. 26 Prozent der Frauen haben ein Kind. Ein geringerer Prozentsatz (10 Prozent) hat drei Kinder und 2 Prozent haben mehr als drei Kinder. 23 Prozent geben an, keine Kinder zu haben.
Dauer der Anwendung der Hormonspirale
Die meisten der befragten Frauen verwenden die Hormonspirale seit zwei Jahren (18 Prozent). 9 Prozent verwenden sie 3 Monate, 10 Prozent seit 6 Monaten, 16 Prozent 1 Jahr, 15 Prozent seit 3 Jahren. Weitere 12 Prozent 5 Jahre, 9 Prozent verwenden sie seit 6 Jahren.
Gründe für die Entscheidung zur Hormonspirale
(Mehrfachnennungen waren möglich). Für 79 Prozent der befragten Nutzerinnen war die Zuverlässigkeit der Verhütung ausschlaggebend. 71 Prozent fanden wichtig, dass sie unabhängig vom Geschlechtsverkehr verwendet wird. 62 Prozent der Frauen gaben an, ihre Gynäkologin oder ihr Gynäkologe hielt die Hormonspirale für das geeignete Mittel. 52 Prozent gaben die schwächere Blutung als Grund an. 23 Prozent geben an, dass sie dieses Verhütungsmittel für sich selbst am besten geeignet fanden.
Auftreten von Beschwerden
88 Prozent der Befragten gibt an Beschwerden zu haben. 12 Prozent haben keine Beschwerden.
Subjektive Einschätzung zum Informationsgrad
51 Prozent der Frauen fühlen sich über ihr Verhütungsmittel schlecht informiert. 52 Prozent geben an, keine Informationen über unerwünschte Wirkungen durch ihre Gynäkologin oder ihren Gynäkologen erhalten zu haben. 15 Prozent fühlen sich gut informiert.
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Informationen im Detail
55 Prozent geben an, über Blutungsveränderungen informiert worden zu sein. Jeweils über 90 Prozent berichten, dass sie keine Informationen zu den möglichen unerwünschten Wirkungen wie Stimmungsveränderungen, Akne, Kopfschmerzen, Brustspannen und Unterbauchschmerzen erhalten haben.
Angabe der Beschwerden (Mehrfachnennungen möglich) Abbildung 1: Analyse der Beschwerden
60 Prozent sind von Stimmungsveränderungen betroffen. Schmerzen im Unterleib bejahen 45 Prozent, auch hatten 45 Prozent Gewichtsveränderungen. Für 45 Prozent der Frauen war das Einsetzen schmerzhaft. 43 Prozent hatten Schmierblutungen. Kopfschmerzen gaben 36 Prozent an. Brustveränderungen hatten 31 Prozent. Akne gaben 28 Prozent an. 25 Prozent benannten unregelmäßige Blutungen. 22 Prozent berichten, bei eingelegter Hormonspirale Eierstockzysten bekommen zu haben. Bei 15 Prozent kam es durch die Hormonspirale zu Dauerblutungen. 29 Prozent geben an, dass sie zusätzlich andere Beschwerden hatten.
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Empfundener Zusammenhang der Beschwerden mit der Hormonspirale
71 Prozent der Frauen halten einen Zusammenhang für wahrscheinlich.
Reaktion der GynäkologInnen auf die von den Patientinnen geäußerten Beschwerden
(Mehrfachnennungen möglich) 30 Prozent der Frauen berichten, die GynäkologInnen hätten ihnen gesagt, die Beschwerden besserten sich mit der Zeit. Fast al en befragten Frauen, nämlich 93 Prozent, wurde geraten, sich die Spirale nicht entfernen zu lassen. Nur 7 Prozent sol ten die Hormonspirale nicht weiter verwenden. 47 Prozent geben an, dass ihre Gynäkologin oder ihr Gynäkologe meint, die Beschwerden seien nicht auf die Hormonspirale zurückzuführen. 46 Prozent wurde mitgeteilt, dass andere Frauen die Spirale gut vertragen würden. 11 Prozent wurde eine hormonel e Behandlung angeboten. 9 Prozent wurde ein Hormontest angeboten.
Abbruch oder Weiternutzung der Hormonspirale bei Beschwerden
35 Prozent haben die Anwendung der Hormonspirale abgebrochen. 59 Prozent geben an, dass sie die Hormonspirale nicht entfernen ließen.
Beschwerden und Verwendungsdauer der Hormonspirale
96 Prozent der Frauen, die die Hormonspirale seit 3 bis 6 Monaten benutzten, haben Beschwerden. Ebenso 93 Prozent derjenigen, die sie seit einem Jahr anwenden, 92 Prozent derjenigen, die sie seit zwei Jahren anwenden und 90 Prozent der Frauen, die sie seit drei Jahren anwenden. Jene Frauen, deren GynäkologInnen die Hormonspirale als geeignetes Mittel für sie ansahen, haben signifikant mehr Beschwerden als die anderen. Frauen, die sich nach ausreichender Information selbst für die Hormonspirale als das geeignetste Mittel entschieden, haben deutlich weniger Beschwerden. Bei jenen Frauen, die keine Informationen über unerwünschte Wirkungen erhalten haben, ist der Anteil mit Beschwerden signifikant höher.
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Jene Frauen, deren GynäkologInnen die Hormonspirale als geeignetes Mittel beurteilten, gehen signifikant häufiger davon aus, dass es einen Zusammenhang zwischen ihren Beschwerden und der Anwendung gibt. Die Verteilung der Häufigkeiten hinsichtlich der Anzahl der Beschwerden ergibt, dass am häufigsten 5 Beschwerden auftreten. Auch der Mittelwert liegt bei rund 5 gleichzeitigen Beschwerden. Der Mittelwert der Beschwerden liegt bei jenen Frauen, bei denen das Einsetzen der Spirale schmerzhaft war, um etwa 2 Beschwerden höher als bei den anderen.
Hinsichtlich der Informationsqualität zeigt sich, dass jene Frauen, die sich gut informiert fühlen, deutlich weniger Beschwerden haben als jene Frauen, die sich schlecht informiert fühlen. Diskussion
Durch Hunderte von E-Mails wurde das Frauengesundheitszentrum darauf aufmerksam, dass Frauen über die Hormonspirale unzureichend aufgeklärt werden. Sie fühlen sich von ihren GynäkologInnen nicht verstanden, da sie erleben, dass ihre Beschwerden nicht ernst genommen werden. Diese Erfahrungen werden durch das Ergebnis der Online-Befragung umfassend bestätigt. Die unerwünschten Wirkungen, adverse events, die Frauen schildern, decken sich mit den in der Literatur dokumentierten Wirkungen. (vgl.http://emc.medicines.org.uk/emc/assets/c/html/displayDocPrinterFriendly.asp?do cumentid=1829; accessed 11.6.2006 von Schering Health Care Limited England; http://www.mirena.de/html/hormonal_loop/side_effects/; http://www.berlex.com/html/products/Safety/MirenaFairBalance.pdf; Backman 2004; Backman 2005). Sie sind - möglicherweise zur eigenen Absicherung – auch auf den englischen Websites
http://www.schering.co.uk Schering Großbritannien; www.berlex.com, Schering USA).
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So haben etwa 21,5 Prozent bis 31 Prozent der Frauen nach 6 Monaten Hormonspirale Eierstockzysten (FFPRH Guidance 2004; Backman 2004). In dieser Untersuchung gaben dies 22 Prozent der Frauen an. Dauerblutungen melden hier 15 Prozent, der Herstel er gibt sogar 20 Prozent an. (http://www.berlex.ca/html/docs/en/MirenaEn.pdf) In unserer online Befragung nutzten 35 Prozent der befragten Frauen die Hormonspirale seit bis zu einem Jahr, 65 Prozent schon länger. Die Beschwerden nahmen über die Zeit der Verwendungsdauer nur wenig ab. 96 Prozent der Frauen, die die Hormonspirale seit 3 bis 6 Monaten benutzten, haben Beschwerden. Unter denjenigen, die sie seit drei Jahren anwenden, geben immer noch 90 Prozent Beschwerden an. Entgegen der Herstel erinformation (http://www.schering.co.uk; http://www.mirena.de/html/hormonal_loop/side_effects/) belegen die Aussagen dieser Nutzerinnen, dass ihre Beschwerden nicht nach den ersten Monaten aufhören. Dennoch raten in 93 Prozent der Fäl e die GynäkologInnen Frauen nicht, ihre Hormonspiralen entfernen zu lassen. Die Befragung ergab auch, dass Frauen, die Beschwerden haben, im Mittel unter fünf Beschwerden leiden. Wenn Frauen von unerwünschten Wirkungen erfahren, gehen sie in der Regel nicht davon aus, dass sie gleich fünf solcher Beschwerden bekommen. Statt Frauen vor dem Einsetzen der Hormonspirale oder wenigstens beim Auftreten von unerwünschten Wirkungen umfassend zu informieren, hörten 30 Prozent der befragten Frauen von ihren GynäkologInnen, dass diese Beschwerden vorübergehend sind. 46 Prozent sagten den Frauen, andere Frauen würden die Hormonspirale gut vertragen, 47 Prozent bestreiten den Zusammenhang zwischen Beschwerden und Hormonspirale oder empfehlen in 20 Prozent weitere Diagnostik, gynäkologische Eingriffe oder Hormone. Dies steht im Gegensatz zur Fachliteratur, die diese Beschwerden zwar dokumentiert, aber von Interventionen abrät (vgl. z.B. Bahamondes et.al. 2003).
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Ob Frauen selbst die Hormonspirale als für sie geeignetes Mittel ansehen, steht im Zusammenhang damit, ob und welche Beschwerden sie haben. Eine gute Information vorher macht es Frauen möglich, sich gegebenenfal s für ein anderes Verhütungsmittel zu entscheiden.
Ein weiteres interessantes Ergebnis dieser Untersuchung ist, dass schon ein schmerzhaftes Einsetzen ein Hinweis sein kann, dass Frauen Probleme mit der Hormonspirale haben werden. Nach Suhonen et.al (2004) äußern 21 Prozent der
Frauen starke Schmerzen beim Einsetzen, 64 Prozent der Frauen milde bis mäßige Schmerzen. In dieser Befragung hatten 45 Prozent der Frauen Schmerzen beim Einsetzen. Auch darüber könnten Gynäkologen frühzeitig informieren, zumal die Schmerzen beim Einsetzen in Zusammenhang mit der Erfahrung der GynäkologInnen mit dem Einsetzen stehen (vgl. Lifeng 2003).
In der Fachliteratur fällt der wiederholte Hinweis auf, dass Frauen zufriedener sind und weniger häufig die Hormonspirale entfernen lassen, wenn sie vor dem Einsetzen vollständig aufgeklärt wurden und wissen, worauf sie sich einlassen.
Möglicherweise weist dies auch darauf hin, dass bisher die GynäkologInnen dieser Erfordernis zur umfassenden Information der Frauen nicht in ausreichendem Maße nachkamen (vgl. Suhonen et. al. 2004).
Umfassende Information wird bereits in der Charta der sexuellen und reproduktiven Rechte (1995) eingefordert. „Recht auf Information und Aufklärung
umfasst Recht auf vol ständige Information über den Nutzen, Risiken und Effektivität… der Methoden der Geburtenplanung, damit al e diesbezüglichen Entscheidungen mit vol em freien Einverständnis auf der Basis von Sachkenntnis getroffen werden“ (vgl. Groth, Rásky 2001,176-177) Originalquel e: www.eldis.org/health/srhr/what.htm#who Es ist sehr wichtig, Frauen in Beratungen auf dieses Recht hinzuweisen. Viele brauchen eine Ermutigung, um diese Information von ihren GynäkologInnen
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einzufordern. Sie erfolgt idealerweise sowohl persönlich in Patientinnen-ÄrztInnen- Gesprächen wie auch über die schriftliche Gebrauchsinformation, den Beipackzettel. Trotz der Vielzahl an Beschwerden, die Frauen erfahren, ließen zwei Drittel der befragten Frauen die Hormonspirale nicht entfernen. Auch 93 Prozent der GynäkolgInnen rieten nicht dazu, die Hormonspirale entfernen zu lassen. Die Bereitschaft, ein Verhütungsmittel trotz starker Beschwerden weiter zu verwenden, erscheint sehr hoch. Dieses Ergebnis wird auch gestützt aus den
Erfahrungen aus Hunderten von E-Mail Beratungen und aus persönlichen Beratungen.
Postmarketing surveillance
Nachdem ein Medikament zugelassen wird, erfolgt erstmals die Anwendung an Mil ionen NutzerInnen. Bei einer großen Anzahl an Anwendungen können weniger häufig vorkommende unerwünschte Wirkungen überhaupt erst auftreten (vgl. Okie 2005). Daher ist es sehr wichtig, diese Wirkungen eines Medikamentes systematisch zu erfassen und transparent zu machen (=Pharmakovigilanz). Dies sol in Österreich durch die Spontanmeldungen unerwünschter Wirkungen, die das Arzneimittelgesetz verpflichtend vorschreibt und zu dem ÄrztInnen, ApothekerInnen und Hebammen befugt sind, erreicht werden. Diese Berufsgruppen sind daher gesetzlich verpflichtet, unerwünschte Wirkungen von Arzneimitteln an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen beziehungsweise an die AGES PharmMed zu melden. Nach Studien werden Nebenwirkungen al erdings nur in 5 Prozent der Fäl e gemeldet. Hier ist der Gesetzgeber gefordert zu überlegen, durch welche Maßnahmen dieser Verpflichtung auch tatsächlich nachgekommen werden kann, um eine systematische Meldung von unerwünschten Wirkungen zu erreichen. Marcus Mül ner, Bereichsleiter der AGES PharmMed, versteht seine Organisation „vor al em (als) Dienstleister für Patienten und deren Vereinigungen, das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, die Pharmaindustrie und natürlich die Ärzteschaft“. Ersagte in einem Interview zur Pharmakovigilanz in Österreich,
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„Diese funktioniert derzeit ja nicht optimal“. Zurzeit handele es sich mehr oder weniger um die Administration eingehender Daten. In drei Jahren würden auch Bewertungen und das Empfehlen von Konsequenzen möglich. (Österreichische Ärztezeitung, 19, 20 Okt 2005, 24) In Österreich sind GynäkologInnen nicht verpflichtet, den Beipackzettel an die PatientIn weiterzugeben. Es liegt an der „Kommunikation zwischen ÄrztInnen und Patientinnen“, ob die schriftliche Information ausgehändigt wird (Dr. Robert Muchl, Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, pers. Kommunikation von 4. Juli 2005). In USA beispielsweise sind ÄrztInnen verpflichtet, den Beipackzettel an die PatientIn auszuhändigen. Wenn Frauen ihren GynäkologInnen Beschwerden berichten, können sie sich also nicht darauf verlassen, dass ihre GynäkologInnen eine Meldung an die AGES PharmMed machen. Voraussetzung wäre, dass sie die Erfahrungen der
Frauen ernst nehmen - und diese in Zusammenhang mit der Hormonspirale stel en. In unserer Untersuchung zeigte sich aber, dass die GynäkologInnen bei 47 Prozent der Frauen keinen Zusammenhang zwischen Hormonspirale und ihren Beschwerden herstel en. 46 Prozent der Frauen geben an, ihre GynäkologInnen sagten, andere Frauen vertrügen die Hormonspirale gut. Dies weist nicht darauf hin, dass diese GynäkologInnen überhaupt ein Problem wahrnehmen, geschweige denn, eine Meldung an die zuständige Behörde über eine unerwünschte Wirkung machen würden.
Daher ist es erforderlich, dass patientInnenbasierte Rückmeldesysteme entwickelt werden. Sie erlauben, Patientinnen ihre Erfahrungen an die zuständige
Gesundheitsbehörde weiterzugeben und für die Pharmakovigilanz nutzbar zu machen. Dies wäre in Österreich nur über eine Gesetzesänderung möglich. Bisher werden Rückmeldungen der Nutzerinnen nicht angenommen - ihre Erfahrungen also nicht wertgeschätzt. Dadurch wird eine wichtige Ressource für die Pharmakovigilanz, nämlich die Erfahrungen der Nutzerinnen, nicht aufgegriffen und in das System zurückgespeist. Dies bedeutet eine potentiel e Gefährdungen, die nicht gewünscht sein kann.
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Kanada ermutigt, Rückmeldungen von PatientInnen an die zuständige Behörde zu schicken (www.whp-apsf.ca). Auch in Schweden gibt es ein System, die Erfahrungen von Patientinnen an die zuständige Behörde zu melden (www.kilen.org). Trotz mehrfachen Versuchen konnte das Frauengesundheitszentrum von der AGES PharmMed zudem nicht erfahren, welche und wie viele Spontanmeldungen in Österreich zur Hormonspirale eingegangen sind. Das sei eine Frage der Amtsverschwiegenheit. Sie richtet sich in diesem Fal gegen die Interessen der KonsumentInnen. Hier ist ein Mangel an Transparenz zu kritisieren. Dies stützt das Informationsmonopol der pharmazeutischen Industrie (vgl. Avorn 2006; Garrattini 2005; Cross 2005). Die Berliner Deklaration zur Pharmakovigilanz, ein Netzwerk unabhängiger Arznei- und Therapiezeitschriften, fordert unter anderem die Spontanerfassung von Meldungen durch PatientInnen: „Patienten (sic) erhalten oft unzureichende und schlecht verständliche Informationen über unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW). Obwohl doch gerade die Patienten die UAW am eigenen Leibe erfahren, nehmen etablierte Pharmakovigilanz-Einrichtungen und Arzneimittelbehörden oft keine Meldungen direkt von Patienten entgegen.“ (International Society of Drug Bul etins, 2005) Dies sol te geändert werden.
Zusätzliche Informationen zur Hormonspirale
Eine Auswertung der Literatur ergibt weitere Informationen, die für Frauen und für ihre BeraterInnen relevant sein können. Ein Grund, warum Frauen so unterschiedliche Wirkungen beschreiben, kann die große individuel e Variabilität sein, mit der das Hormon Levonorgestrel der Hormonspirale wirkt (vgl. undesirable effects: http://www.schering.co.uk). Diese Variabilität ist bei Untersuchungen des Gewebes unterschiedlicher Frauen nachweisbar (vgl. McGavigan 2005; Cox 2003). Auch die Halbwertzeit, mit der das
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Hormon im Körper abgebaut wird, vari ert stark und beträgt bei Frauen zwischen 9 und 80 Stunden. (http://emc.medicines.org.uk/emc/assets/c/html/displayDocPrinterFriendly.asp?docu mentid=1829 ) Die metabolische Clearance Rate, also die Zeit, bis das Hormon nicht mehr wirkt (ausgeschieden oder abgebaut ist), kann sich zwischen Individuen daher um ein Vielfaches unterscheiden. (vgl. www.berlex.ca vom Mai 2006-06-04, Backman 2004, FFPRHC Guidance 2004). Eine Frage, die m.E. in der Literatur nicht abschließend geklärt ist, ist die Auswirkung der lokal - also am Gebärmutterhals und in der Gebärmutter - hohen Levonorgestrel- Werte bei eingelegter Hormonspirale. Die Konzentration des Hormons Levonorgestrel in der Gebärmutter ist dann 1000-fach derjenigen im Blut. Das verändert die Gewebestruktur nicht nur in der unmittelbaren Umgebung der Spirale (Backman 2004; vgl pharmacokinetic effects www.schering.co.uk) . Dies ist einerseits verantwortlich für den hohen Anteil an Frauen, die bei eingelegter Hormonspirale keine Monatsblutung mehr haben. In dieser Befragung waren es 59 Prozent der Frauen. Diese intensive lokale Wirkung bleibt aber m.E. in ihrer Auswirkung auf Veränderungen der Zel en des Gebärmutterhalses (Dysplasien) noch ungeklärt. Als Folgen dieser Zel veränderungen können unnötige gynäkologische Eingriffe erfolgen. http://emc.medicines.org.uk/emc/assets/c/html/displayDocPrinterFriendly.asp?documentid=18 29 vom 11.6.2006; www.schering.co.uk; Hughes 2005, gynäkologische praxis 2000).
Die Ausstoßungsrate der Hormonspirale ist nach einer Geburt sehr viel höher als sonst. Daher sol te der Einsatz der Hormonspirale erst 6 Monate nach einer Geburt erfolgen, darauf weist der Canadian Adverse Reaction Newsletter (2006) hin. Zudem geht das Hormon in die Muttermilch über, ist also für stil ende Mütter m.E. wenig geeignet (vgl. Backman 2004).
In den Beratungen beschreiben Frauen immer wieder den Verlust an sexueller Lust. Vercellini et.al benennen dies mit 25 Prozent, auch der Hersteller weist darauf hin (www.berlex.ca).Diese Beschwerde ist als Folge der Nutzung eines Verhütungsmittels besonders ernst zu nehmen.
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Die Problematik der Stimmungsveränderungen beschreiben viele Frauen in den E- Mail Anfragen als sehr belastend. Haben Frauen mit emotionalen Schwierigkeiten, wie depressiven Verstimmungen, einen Rückfal , sol ten sie laut Herstel er die Hormonspirale entfernen lassen (www.schering.co.uk). Der Herstel er ist sich also durchaus der stimmungsdämpfenden bis depressiven Wirkung bewusst, die 60 Prozent der Frauen in dieser Befragung beschreiben.
Eine aufschlussreiche Übersicht über Beschwerden mit genauen Angaben, wie viel Prozent der Frauen welche Nebenwirkungen haben, befindet sich auf der britischen Schering-Website. Nur auf den englischsprachigen Websites wird auch die genaue Wirkungsweise der Hormonspirale erklärt und mit Studienergebnissen verbunden: (undesirable effects 4.8. http://www.schering.co.uk) Schlussfolgerungen und Forderungen
Auffäl ig in der wissenschaftlichen Literatur ist, dass die meisten Studien vom Herstel er der Hormonspirale finanziert sind. Die AutorInnen geben dennoch an, es gäbe keinen Interessenkonflikt zwischen dieser Finanzierungsquel e und ihren wissenschaftlichen Aussagen. Der Schering Konzerngewinn betrug 2005 619 Mio € und 20 Prozent Dividende, das Umsatzplus bei Mirena 21 Prozent (www.schering.de). Die befragten Frauen sind unzureichend informiert. Daher muss man annehmen, die GynäkologInnen seien selbst unzureichend informiert. In diesem Kontext wird dann die Tatsache, dass GynäkologInnen in Österreich Frauen den Beipackzettel zur Hormonspirale nicht aushändigen müssen, besonders brisant. Hier bedarf es dringend einer Änderung: unabhängige Fortbildung für GynäkologInnen sind erforderlich. Beipackzetteln müssten verpflichtend an Frauen weitergegeben werden. Sie müssen auch zielgruppenspezifisch verständlich geschrieben sein. In Österreich sol ten die gesetzlichen Grundlagen dahingehend geändert werden, dass die GynäkologInnen nicht nur verpflichtet sind, unerwünschte Meldungen an die
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AGES PharmMed zu machen, sondern es auch tun. Der AGES PharmMed muss darüber hinaus ermöglicht werden, diese Meldungen den Nutzerinnen und der informierten Öffentlichkeit transparent zu machen. Sinnvol wäre ein weiteres systematisches Meldesystem zu etablieren, das PatientInnen selbst Meldungen an die AGES PharmMed erlaubt. Ein Rückmeldesystem für unerwünschte Wirkungen - etwa von Verhütungsmitteln - durch Nutzerinnen nimmt die Interessen von Frauen ernst. Ihr Interesse ist, adäquate und unabhängige Informationen zu Arzneimitteln zu erhalten. Dieses Interesse trifft sich mit dem der AkteurInnen im Gesundheitswesen. Entscheidungsträger sol ten daher Rückmeldungen von PatientInnen als eine wil kommene Möglichkeit aufgreifen, um auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen aufmerksam zu werden und damit die Postmarketing Surveil ance von Arzneimitteln zu verbessern. In eine ähnliche Richtung gehen Bestrebungen der EU, die PatientInnensicherheit zu verbessern (vgl. Watson 2005)
Auffal end ist, dass es Unterschiede zwischen englisch und deutschsprachigen Websites des Herstel ers bezüglich der Wirkungen der Hormonspirale gibt. Die deutschsprachigen Websites sind sehr viel schlechter und unzureichender in ihrem Informationsgehalt. So spricht etwa www.mirena.de verharmlosend von „Begleiterscheinungen“, wenn sie die unerwünschten Wirkungen der Hormonspirale benennen. Verhütungs-Websites insgesamt stel en zurzeit die Zuverlässigkeit der Hormonspirale in den Vordergrund und zeigen das Ausmaß von unerwünschten Wirkungen unzureichend auf. Es ist ernüchternd zu sehen, dass selbst der Herstel er auf den englischsprachigen Websites – vermutlich aufgrund gesetzlicher Erfordernisse dieser Länder - besser informiert als die „unabhängigen“ deutschsprachigen Websites. (vgl. http://www.schwanger-info.de/index.php?id=15 (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung); http://www.gyn.de/verhuet/mirena.php3?lng=#12; http://www.firstlove.at/firstlove.htm http://www.gesund.co.at/framgen.asp?url=/gesund/Lust_Liebe/Lust_Liebe_Verhuetung.htm). Die Behauptung der Produktwerbung, die Hormonspirale sei eine "moderne, intel igente und sanfte" Verhütungsmethode deckt sich mit den Erfahrungen sehr
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vieler Frauen nicht. Dies sol ten Frauen wissen. Dies sol te auch bedacht werden, wenn eine Ausweitung der Indikation für Frauen mit Endometriose oder Dauerblutungen angedacht wird (vgl. Vercel ini et.al. 2005; Cochrane 2006) Die möglichen unerwünschten Wirkungen müssen Frauen daher zugänglich gemacht werden. Die Frauen sol ten Informationen zu den Differenzen in den Websites erhalten. Hierzu ist eine unabhängige Information und Beratung unabdingbar. Diese Online-Befragung und Auswertung des Grazer Frauengesundheitszentrums unterstreicht die Bedeutung, unabhängig und glaubwürdig die Interessen von NutzerInnen und PatientInnen zu vertreten und den zuständigen Behörden, dem Gesetzgeber und der Öffentlichkeit zurückzumelden (vgl. Groth 2002). Die überwältigende Teilnahme von Frauen machte deutlich, wie stark das Interesse von Nutzerinnen ist, ihre Erfahrungen mitzuteilen.
Das Frauengesundheitszentrum bietet sowohl per E-Mail als auch persönlich Beratungen zu Sexualität und Verhütungsmitteln an. Information und Terminvereinbarung: 0316/83 79 98 oder [email protected]. Auf seiner Website www.fgz.co.at informiert es über Verhütungsmittel.
Ich danke den 1768 Frauen, die sich an dieser Online-Fragebogen-Untersuchung beteiligt haben, sehr herzlich. Für die Unterstützung bei dieser Untersuchung danke ich auch Mag.a Birgit Flesch, Harald Freiberger, Prof. Dr. Wolfgang Freidl, Dr.in Felice Gal é, Wolfgang Guster, Dr.in Sonja Karasegh, Mag.a Sonja Karel, Prof.in Dr.in Éva Rásky; Mag.a Elisabeth Reitberger, Dr.in Helga Seyler und Monika Vucsak.
Februar 2007, Mag.a Sylvia Groth MAS
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Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient, bei Ihnen wurde ein sogenanntes Screening auf M ethicillin R esistente S taphylococcus a ureus (MRSA) durchgeführt. Diese Untersuchung dient dazu, Patienten mit einer MRSA-Besiedelung frühzeitig zu Welche Bedeutung hat MRSA für Sie als Patient? Die natürliche Schutzfunktion der Haut und des Nasen-Rachenraumes wird durch ein Ba
PROTEINS: Structure, Function, and Genetics 53:683– 692 (2003) Automatic Annotation of Protein Function Based on Family Identification Federico Abascal * and Alfonso Valencia Protein Design Group, National Centre for Biotechnology, CNB-CSIC, Cantoblanco, Madrid, Spain ABSTRACT Although genomes are being se- accessed at http://www.pdg.cnb.uam.es/funcut.html. quenced at an im