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Zitiervorschlag: BGH HRRS 2008 Nr. 775, Rn. X
BGH 4 StR 244/08 - Beschluss vom 3. Juli 2008 (LG Frankenthal)
Einziehung (ausreichende Feststellungen; erlaubnisfreier Besitz von Schreckschusswaffen undReizstoffwaffen); Wertersatzverfall (Feststellungen).
§ 33 Abs. 2 BtMG; § 54 Abs. 1 WaffG; § 150 Abs. 2 StGB; § 74 Abs. 1 StGB; § 73a StGB
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 22. Februar2008 mit den Feststel ungen aufgehoben, soweit
a) folgende Gegenstände eingezogen worden sind:
- 24 Packungen Viagra, 4 Blister Viagra,
- 1 Tüte mit Munition (Knal und Gas) und Munitionsteilen,
b) ein Geldbetrag in Höhe von 2.880 Euro für verfal en erklärt worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über dieKosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in fünf Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, wegenGeldfälschung und wegen unerlaubten Besitzes einer Vorderschaftrepetierflinte, bei der der Hinterschaft durch einenPistolengriff ersetzt ist, in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz zweier halbautomatischer Kurzwaffen, unerlaubtem Besitzvon Munition und mit unerlaubtem Besitz eines Schlagrings zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren undsechs Monaten verurteilt. Ferner hat es in der ausweislich der Sitzungsniederschrift verkündeten Urteilsformel, dieinsoweit in die Urteilsurkunde nicht übernommen worden ist, eine umfangreiche Einziehungsanordnung getroffen undeinen Geldbetrag in Höhe von 2.880 Euro für verfallen erklärt.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Sein Rechtsmittel hat zu den Anordnungen
über die Einziehung und den Verfall in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist esunbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Hinsichtlich der in der Beschlussformel genannten Gegenstände kann die im Übrigen rechtsfehlerfrei auf § 33 Abs. 2
BtMG, § 54 Abs. 1 WaffG, § 150 Abs. 2 StGB bzw. auf § 74 Abs. 1 StGB gestützte Einziehungsanordnung ausfolgenden Gründen nicht bestehen bleiben:
Hinsichtlich der in der Urteilsformel aufgeführten Arzneimittel (24 Packungen Viagra, 4 Blister Viagra und 16 Packungen
Cialis) lassen die Urteilsgründe eine revisionsrechtliche Überprüfung der Einziehungsanordnung nicht zu, weil zu denArzneimitteln keine Feststellungen getroffen worden sind. Gleiches gilt für die Einziehung des Türöffnergerätes"Multipics" und eines Hartschalenkoffers.
Soweit ein defekter Revolver PTB mit Munition, ein Bajonett mit Scheide sowie eine Tüte mit Munition (Knall und Gas)
und Munitionsteilen eingezogen worden sind, lässt sich den bisherigen Feststellungen weder entnehmen, dass einerder vorgenannten Gegenstände sich auf einen der abgeurteilten tateinheitlichen Verstöße gegen das Waffengesetz, wiefür die Einziehung gemäß § 54 Abs. 1 WaffG erforderlich, bezieht oder durch einen dieser Verstöße hervorgebrachtoder zur Begehung oder Vorbereitung der Straftat gebraucht worden oder bestimmt gewesen ist. Bei dem defektenRevolver PTB dürfte es sich um eine Schreckschuss- bzw. Reizstoffwaffe handeln. Deren Erwerb und Besitz ist aberebenso wie der Erwerb und Besitz von Munition für eine solche Waffe erlaubnisfrei (vgl. Anlage 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4WaffG Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Nr. 1. 3 und 1. 4). Ein Bajonett ist zwar ein tragbarer Gegenstand im Sinne des § 1Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a WaffG und damit eine Waffe im Sinne dieses Gesetzes, nicht aber eine verbotene Waffe imSinne des § 2 Abs. 3 WaffG i. V. m. Anlage 2 Abschnitt 1.
2. Die Verfallsanordnung kann ebenfalls nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat zur Begründung der auf §§ 73, 73
a StGB gestützten Anordnung lediglich ausgeführt, angesichts der finanziellen Verhältnisse sei davon auszugehen,dass es sich bei dem bei dem Angeklagten sichergestellten Bargeldbetrag in Höhe von 2.800 Euro um durchBetäubungsmittelgeschäfte erlangtes "Dealgeld" gehandelt habe, das auch für weitere Geschäfte habe eingesetztwerden sollen. Damit sind weder die Voraussetzungen des Verfalls gemäß § 73 Abs. 1 StGB noch die des Verfalls desWertersatzes gemäß § 73 a StGB belegt. Die Anordnung des Verfalls gemäß § 73 Abs. 1 StGB käme nur dann inBetracht, wenn es sich bei dem beim Angeklagten sichergestellten Bargeld um solches handelt, das aus einem derabgeurteilten Betäubungsmittelgeschäfte stammt. Dafür lässt sich den bisherigen Feststellungen nichts entnehmen. Ebenso wenig lässt sich den Feststellungen entnehmen, dass der Angeklagte überhaupt Erlöse in dieser Höhe aus denabgeurteilten Betäubungsmittelgeschäften erzielt hat, der Verfall des aus den Geschäften erlangten Geldes jedochnicht möglich ist, weil dieses Geld nicht mehr vorhanden ist, so dass die Anordnung des Verfalls des Wertersatzesgemäß § 73 a StGB angeordnet werden kann. Soweit das Landgericht davon ausgeht, dass es sich bei demsichergestellten Bargeldbetrag um sogenanntes Kaufgeld handelte, das "auch für weitere Geschäfte eingesetzt werdensollte", käme zwar eine Einziehung nach § 74 StGB in Betracht, jedoch nur dann, wenn der sichergestellte Geldbetragzur Durchführung weiterer Betäubungsmittelgeschäfte "bestimmt" war und diese Geschäfte wiederum Gegenstand derAnklage sind (vgl. BGHR StGB § 74 Abs. 1, Tatmittel 1 und 2). Die Sache bedarf daher auch insoweit neuerVerhandlung und Entscheidung.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass vorrangig zu klären ist, ob und
gegebenenfalls in welchem Umfang die Voraussetzungen für die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls vonWertersatz gegeben sind, weil dann für die Anordnung eines erweiterten Verfalls nach § 73 d StGB kein Raum ist (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 75; StraFo 2004, 283).
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